Bürgerinitiative "Rettet den Marstallplatz"
Roswitha Thomalla, 80538
München, St. Annastr. 6, Tel. 294414, pr.
226893
Über
Herrn Oberbürgermeister
Christian Ude
an das Planungsreferat der
Landeshauptstadt München
Mü n c h e n
Rathaus
1.6.2001
Aufstellung eines Bebauungsplans für den
Marstallplatz;
Bürgerbeteiligung in dem Verfahren Nr. 1770 b
(Marstallplatz - Süd)
Beilagen:
1) Resolution über die
Gründung der Bürgerinitiative mit 106 Unterschriften (= 13 Bl.)
2) Resolution vom 5.4.2001
mit förmlichen Einsprüchen und 1500 Unterschriften
3) Leserbrief von Herrn Dr.
Adelmann an die SZ vom 9.2.01
4) Schreiben des Herrn
Präsidenten des Peutinger Collegiums namens von
1200 Mitgliedern
5) Stellungnahme des Bayer.
Landesvereins für Heimatpflege vom 10.11.00
Sehr geehrter Herr
Oberbürgermeister!
Sehr geehrte Frau Thalgott!
Mit
Amtsblatt Nr. 11/2001 fordern Sie die Bürger auf, sich zu dem obengenannten
Bebauungsplan-Entwurf zu äußern.
Dieser
Entwurf hat eine intensive Diskussion in der Bürgerschaft ausgelöst und führte
zu Beginn dieses Jahres zur Gründung der Bürgerinitiative "Rettet den
Marstallplatz". In dieser Bürgerinitiative hat sich eine Reihe von
Persönlichkeiten zusammengfefunden, welche die Entwicklung der Baukultur in der
Landeshauptstadt München mit Sorge verfolgen. In dieser Gruppe finden sich
sowohl prominente Persönlichkeiten, wie Frau Annette von Aretin, die das
kulturelle Leben in der Stadt München seit Jahrzehnten aktiv mitgestaltet, als
auch Architekten wie Herr Diethard J. Siegert (Entwurf der Bayerischen
Staatskanzlei) und Herr Thomas Lauer (Bayer. Landesverein für Heimat- pflege)
und zahlreiche Bürger, die ohne Architekturstudium Bewußtsein für Architektur
und Kultur empfinden.
Bemerkenswert
ist, daß auch eine nicht unbeachtliche Zahl von Bürgern außerhalb der
Landeshauptstadt die Gestaltung des Marstallplatzes als ernstes Anliegen
betrachten und sogar Gäste und Architekten aus dem europäischen Ausland und aus
Übersee eine bessere Gestaltung des Marstallplatzes als kulturellen Auftrag mit
ihrer Unter- schrift unterstützen.
Wir
betrachten die Gestaltung des Marstallplatzes als zentrale Aufgabe der
Stadtgestaltung in einem denkmalgeschützten und denkmalswürdigen Ensemble
zwischen Staatsoper, Residenz und dem von Klenze errichteten historischen
Marstallgebäude, der ehemaligen Hofreitschule. Der derzeit noch desolate
Zustand dieses Platzes darf nicht Anlaß geben, in einem Hauruck-Verfahren eine
Gewerbe- gebietsplanung für rd. 40000 qm Büronutzfläche durchzuziehen. Der
Schaden wäre für Generationen unreparierbar.
Leider
sind in den letzten Wochen vom Münchner Rathaus keine Impulse für eine echte
Bürgerbeteiligung ausgegangen. Erfreulicherweise hat die Tagespresse Mut
gezeigt und doch auch über Planungsalternativen berichtet. Leider wird im
Königssaal der Bayerischen Staatsoper nur der vom Projektträger favorisierte
Entwurf präsentiert.
Trotzdem
gelang es, in mühevoller
ehrenamtlicher Kleinarbeit die Münchner
Bürger wenigstens in groben Zügen zu informieren. Das Ergebnis ist eindeutig:
106 Persönlichkeiten haben sich der Bürgerinitiative spontan angeschlossen.
Gegen
den Entwurf der Berliner Architekten Gewers und Kühn legten ca. 1500 Personen förmlich Einspruch ein
und fordern, den Entwurf der Münchner Architekten Hilmer und Sattler zu
verwirklichen. Das Peutinger-Collegium protestiert als Zusammenschluß von
Historikern namens seiner 1200
Mitglieder gegen die vorgelegte Planung.
Der
Entwurf der Architekten Hilmer und Sattler ist nicht in gleichem Maße mit
Baumasse überfrachtet wie der verfahresgegenständlich Entwurf. Der um 25 %
niedrigere Nutzflächenanteil vermeidet eine erdrückende Wirkung für die
umgebenden Denkmäler und erreicht eine wirklich urbane Platzgestaltung. Die
filigrane Architektur beweist Einfühlungsvermögen für die historische
Situation.
Der
verfahrensgegenständliche Entwurf der Architekten Gewers und Kühn erfüllt diese
Voraussetzungen nicht. Der Architekt der Bayer. Staatskanzlei, Herr Diethard
Siegert, bezeichnet den verfahrensgegenständlichen Entwurf als städtebauliche
Zumutung. Wir sind der Meinung, daß solche Baukörper allenfalls in einem
regulären Gewerbegebiet vertretbar wären.
Eine
Berufung auf das Wettbewerbsergebnis ist nicht zielführend, weil ein erster
Preis nicht vergeben und ganz offensichtlich nach Renditegesichtspunkten
geurteilt wurde.
Eine
unvoreingenommene Abwägung aller verfügbaren Alternativen hat in dem gesamten
Verfahren nicht stattgefunden.
Wir f o r
d e r n daher, daß sich das P l
e n u m des Stadtrats mit den Einwendungen der Bürger auseinandersetzt
und daß v o r einer solchen Beratung die Voraussetzungen für eine unbefangene
Abwägung durch folgende
Verfahrensschritte
getroffen werden:
1. Die neuen Abmessungen des
Entwurfs Gewers und Kühn werden in einem Phantomgerüst dargestellt.
2. Auch für den Entwurf
Hilmer und Sattler ist ein
Phantomgerüst zu erstellen.
3. Die Fassadenelemente
der b e i d e n Entwürfe sind im Detail darzulegen.
Auch für den Entwurf Hilmer
und Sattler ist eine Computersimulation zu fertigen.
4. Die Ergebnisse dieser
Vorarbeiten sind in einer öffentlichen Anhörung mit den Bürgern zu diskutieren.