MM, Landkreis vom 12.10.2005
Beckstein-Vorstoß bringt
Südring-Gegner in Rage
"Er wird auf massive Front neu formierter Bataillone
treffen."
(Rafael Sala) Eine breite Phalanx des Widerstands hat
sich im südlichen Landkreis München formiert, seit bekannt
wurde, dass Bayerns Innenminister Günther Beckstein (CSU) das
Thema Autobahn-Südring - die Debatte schien schon ad acta gelegt
- wieder forciert (wir berichteten). Vom Bau des 22 Kilometer
langen Autobahnabschnitts betroffen wären vor allem Oberhaching,
Straßlach, Grünwald, Schäftlarn und Pullach. Dort formiert
sich eine breite Front einhelliger Ablehnung.
Landtagsvizepräsident Peter Paul Gantzer (SPD) aus Haar indes
sieht eine realistische Chance in einer kompletten Untertunnelung
des Autobahnabschnitts.
Karl Hofmann aus Oberhaching kann seinen Zorn kaum zurückhalten: "Wenn Herr Beckstein das tatsächlich wieder vorhat, dann wird er auf Granit beißen!" Seit 30 Jahren kämpft der Vorsitzende der "Vereinigung Bürgerinitiative südlicher Erholungsraum München" gegen das Vorhaben, das erstmals Anfang der 70er Jahre ins Gespräch gebracht worden war und rund 920 Millionen Euro kosten würde.
Hofmann, der für die FDP im Oberhachinger Gemeinderat sitzt, warnt noch einmal vor den massiven ökologischen Folgen, die der Bau zur Folge haben würde. Der südliche Landkreis München sei geprägt von zahlreichen Landschaftsschutzgebieten sowie Flora-Fauna-Habitaten. Hofmanns Vorwurf: Beckstein, "der aus Nürnberg kommt", habe offensichtlich keine Ahnung von den landschaftlichen Gegebenheiten in Oberbayern. Sollte Bayerns Innenminister einen neuerlichen Vorstoß in diese Richtung unternehmen, werde er "auf eine massive Front neu formierter Bataillone treffen. Wir sind ständig einsatzbereit".
Etwas moderater beurteilt Schäftlarns Bürgermeister Matthias Ruhdorfer (CSU), zugleich Sprecher der Südbündnis-Gemeinden, die Debatte. Er verweist darauf, Schäftlarns Bürgermeister Ruhdorfer sieht eine "Debatte im luftleeren Raum" dass der Bau bis zum Jahre 2010 ohnehin nicht zu verwirklichen ist, da er aus der obersten Priorität des Bundesverkehrswegeplans heraus genommen und damit bis zu diesem Zeitpunkt faktisch aufs Eis gelegt wurde. Auch wenn die neue schwarz-rote Koalition in Berlin das Projekt forcieren sollte, hätte sie keine Chance, da die Legislaturperiode 2009 endet. "Die Debatte steht im luftleeren Raum. Warum sie angestoßen wurde, weiß ich nicht", sagt der Schäftlarner Rathauschef.
ZITAT DES TAGES:" Herr Beckstein hat sich offenbar noch nie über die Qualität unserer Landschaft informiert"
Karl Hofmann
Vorsitzender der "Bürgerinitiative südlicher Erholungsraum München"
Für Straßlachs Bürgermeister Walter Brandl hingegen ist klar, dass von Seiten der CSU versucht werde, diesem Thema wieder neue Munition zu geben. Er habe schon immer befürchtet, dass die bislang erfolgreichen Bemühungen gegen das Projekt vor einer neuen Bewährungsprobe stehen werden. "Die Masken fallen: Leider ist die Union nicht unser Partner zur Vermeidung des Südrings." Auch Susanna Tausendfreund, Grünen-Gemeinderätin aus Pullach, sieht in Becksteins Forderung einen Beweis dafür, dass das Thema noch lange nicht vom Tisch ist. Sie kündigt massiven Widerstand von Seiten der Gemeinden und aller beteiligten Organisationen an. Ruhdorfers Einschätzung hält sie für illusorisch, da der Bund die Möglichkeit habe, das Projekt vor 2010 vorzuziehen.
Für den Landtagsvizepräsidenten Peter Paul Gantzer (SPD) ist der Südring ein Vorhaben, das verwirklicht werden muss. "Ich bin immer ein Anhänger vom Südring gewesen. Wir brauchen das zur Entlastung, wir ersticken in München im Verkehr." Laut Gantzer habe die oberste Baubehörde der Staatsregierung eine komplette Untertunnelung für machbar eingestuft. Leider habe ihn diese Information von der Behörde jedoch erst erreicht, nachdem das Bauvorhaben von der rot-grünen Regierung in Berlin bereits gekippt worden war. Das Argument der Naturzerstörung treffe damit nicht mehr zu.
Der CSU-Bundestagsabgeordnete Georg Fahrenschon aus Neuried betont, dass ein so folgenschweres Projekt wie der Südring nicht im Rahmen des Wirtschaftsbeirats beschlossen werden könne. "Es ist ja klar, dass die Wirtschaft ein Interesse daran hat." Angesichts eines strukturellen Defizits von 64 Milliarden Euro in Bund und Ländern sei an eine Verwirklichung des Bauvorhabens derzeit nicht zu denken. Fahrenschon fordert, erst andere Optionen wie die Untertunnelung des Luise-Kieselbach-Platzes sorgsam zu prüfen, um eine Entlastung des Münchner Innenstadtverkehrs bereits herbeizuführen.
Maget contra Südring: "Völliger irrealer Traum!"
Franz Maget, Vorsitzender der SPD-Landtagsfraktion und Münchner SPD-Chef, hat dem Wiederaufflammen der Südring-Debatte eine klare Absage erteilt. "Die für den Südring erforderliche Autobahnstrecke müsste, wenn überhaupt, aus ökologischen Gründen unterirdisch geführt werden- und das kann niemand bezahlen ", glaubt Maget.
Der Sozialdemokrat geht davon aus," dass auch eine grosse Koalition in Berlin über keinen Geldscheisser verfügt, und der Südring deswegen ein völlig irrealer traum bleibt".