Wem nützt der Größenwahn

Leserbrief zur Meldung „35000 Unterschriften übergeben“ in der Ausgabe vom 11.August:

Sollte nicht nun, da offensichtlich die Mehrheit der Münchner keine weiteren extremen Hochhäuser haben will, der Stadtrat einlenken und damit die kosten des ansonsten zwangsläufigen Bürgerentscheides vermeiden? Das Einsammeln so unerwartet vieler Unterschriften hat den Steuerzahler keinen müden Euro gekostet. Muss wirklich noch der letzte Beweis für den schon erkennbaren Bürgerwillen erbracht werden?

Bei mindestens 1,8 Millionen (!) Quadratmeter leerstehender Bürofläche und einem eklatanten Mangel an preiswerten Wohnungen gäbe es sinnvollere Verwendungsmöglichkeiten für die zu bebauende Grundstücke. Auch könnte das für den Bürgerentscheid notwendige Geld besser für die Subventionierung der fehlenden Wohnungen verwendet werden.

Hält der Stadtrat es wirklich für notwendig, das Nymphenburger Schloss-Ensemble genauso wie zuvor schon die Leopoldstrasse zu verschandeln? Wissen unsere Grünen Stadträte nicht, dass Büroarbeitsplätze in extremen Hochhäusern u.a. durch einen höheren Anteil nicht recyclebarer Baustoffe, gigantische Klimaanlagen und Lifte eine im Verhältnis zu Arbeitsplätzen in anderen Häusern ungünstigere Ökobilanz haben? Glaubt wirklich einer der Stadträte, dass nach all den in der jetzigen Wirtschaftskrise vorgenommenen Rationalisierungsmaßnahmen, den Fortschritten in der Informationstechnologie, den Möglichkeiten des Internets und der dadurch möglichen Verlagerung der reinen Verwaltungsarbeitsplätze in preiswertere Gegenden bei einem hoffentlich bald kommenden Aufschwung in erster Linie Büroarbeitsplätze entstehen? Und ausgerechnet mitten in München? Für Hunderttausend (!) Büroarbeitsplätze hätten wir ja in den leeren Gebäuden Platz.

Eine bauliche Angleichung Münchens an die Masse der 08/15 Großstädte zieht früher oder später auch eine Angleichung an deren geringere Attraktivität für hochqualifizierte Arbeitskräfte wie auch Touristen nach sich. Dann folgt zwangsläufig auch eine Angleichung an in anderen Großstädten übliche höhere Arbeitslosigkeitszahlen.

Wem nutzt der Größenwahn und wer muss ihn letztlich bezahlen? Also, was ist peinlicher: Jetzt einlenken und viel Geld sparen oder nach der Auszählung des Bürgerentscheids zugeben, dass man sich „geirrt“ hat?

 

Adelheid Siegemund, München

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