Wo bleiben Charme und Flair?

München baut sich in die Zukunft / SZ vom 3./4. Januar

Was sich Stadtplaner für die Stadt ausdenken, frustriert nur noch. Ohne Not wird im unreflektierten Hochhauswahn die schönste Stadtsilhouette vor den Alpen geopfert. obwohl es genug Beispiele gibt, wie schöne Städte „ohne“ auskommen. Florenz, Kopenhagen, Rom, Stockholm, Helsinki, um nur einige zu nennen, haben mehr Gefühl für Ästhetik als München, das offenbar von einer Glasfraktion beherrscht wird. Zwanghaft wird dem ohnehin schwachen Zeitgeist geopfert. Wer möchte in so einer Stadt leben? Als ob wir mit irgendwelchen beliebigen Glaskästen bereichert werden.

Wo bleibt die Anbindung, die Darstellung des Münchner Flairs und Charmes? Wo bleiben die Zitate und der Respekt vor Klenze, Fischer, Bürklein und allen, die bis in die 30er Jahre München das Gesicht gaben? Wenn in der Altstadt – und nur darum geht es – die Chancen versäumt werden, sind sie für immer vertan. Die Grausamkeiten am Marstallplatz sind Dokument, wohin München nicht driften darf. Ein Trauerspiel, dass man den Wiederaufbau historischer Stätten am besten in Polen mit Danzig, Breslau und anderen bewundern darf.

Noch gibt es eine Chance der Kehrtwendung, noch kann in der Altstadt etwas von dem Münchner Flair zurückgewonnen werden. Dazu bedarf es Energie und Geschmack – eine wirklich seltene Kombination – und, zuerst, die Abkehr von der Hochhaushypertrophie.

Das wirklich weltweit einmalige Stadtprofil darf nicht gnadenlos dem Kommerz preisgegeben werden. Die neuen Pläne sind ohne die Bürger gemacht. Vor Resignation und Politikverweigerung sollte man nochmals mit den Münchnern sprechen. Oder gibt es keine mehr?

Dr. Hans Robert Adelmann, München

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